Polygamie? Polyamorie? Offene Beziehung? Swingen? Ein Überblick

01.04.2021

Sowohl in der Einzelberatung als auch in der Sexualberatung und der Paarberatung begegnen mir als Beraterin ganz unterschiedliche Wünsche meiner Klientinnen und Klienten an die Beziehungen, die sie führen oder führen wollen und ich höre genauso vielfältige Bedürfnisse rund um die Vorstellungen von Nähe, Intimität, Lust und Sexualität. Dabei gibt es unendlich viele Möglichkeiten, Sexualität zu leben und Beziehungen zu führen. 

Ganz gleich, welche Art von Beziehung man eingeht: Jede Beziehung bewegt.

Und keine dieser einvernehmlichen Beziehungen unter Erwachsenen auf Augenhöhe ist "richtig" oder "falsch". Letztlich geht es in jeder Beziehung darum, dass alle Partnerinnen und Partner gesehen, gehört, geliebt und verstanden werden wollen, wenn sie sie selbst sind.

Genauso, wie es zahlreiche Möglichkeiten gibt, Beziehung und Sex zu leben, gibt es auch vielfältige Missverständnisse rund im die Begrifflichkeiten, unter denen manche Lebens- und Liebesformen zusammengefasst werden. Die australische Kollegin Cat von Creative Sexpression hat sich vor Kurzem die Mühe gemacht, einige Unterschiede herauszuarbeiten. Hier finden sich ihre Definitionen auch auf Deutsch:

Non-monogame Beziehung, die

Etwas holprig aus dem englischen "Ethical Non-Monogamy" übersetzt, taucht der Begriff immer häufiger auf. Er beschreibt offene oder polyamoröse Beziehungsstrukturen, in denen romantische und/oder sexuelle Begegnungen mit anderen von PartnerInnen nicht als Betrug angesehen werden, so lange alle Beteiligten damit einverstanden sind und offen kommunizieren. Häufig werden von den PartnerInnen bestimmte Regeln darüber vereinbart, welche Parameter und welche Form der Transparenz es für alle Beteiligten in dieser Art von Beziehung benötigt.

Offene Beziehung, die

Die "offene Beziehung" gilt als eine Art Überbegriff für Beziehungen, die sexuell und/oder romantisch nicht monogam gelebt werden. Für manche bedeutet die "offene Beziehung", dass sie emotional bzw. romantisch geschlossen, sexuell hingegen offen ist. Andere verwenden den Begriff wiederum, um polyamoröse Beziehungsstrukturen zu beschreiben. Was letztlich "offen" für jeden und jede wirklich bedeutet, gilt es immer, individuell zu definieren.

Swinger, der oder Swingerin, die

Unter "SwingerInnen" werden gemeinhin zwei PartnerInnen verstanden, die es mögen, gelegentlich andere Menschen in ihre Sexualität miteinzubeziehen. Das kann bedeuten, dass sich ein Paar gemeinsam mit einem anderen Paar trifft, dass ein Paar miteinander eine Einzelperson in das partnerschaftliche Sexleben einbezieht, dass ein PartnerInnentausch vereinbart wird oder auch dass ein Paar als Teil einer größeren Gruppe von SwingerInnen (ab und zu) die Sexualität auslebt.

Polyamorie, die

Die Polyamorie meint ein Beziehungskonstrukt, in dem eine Person mehrere Menschen gleichzeitig lieben und mit verschiedenen Menschen eine Liebesbeziehung führen kann. In einer polyamorösen Beziehung wissen alle Beteiligten Bescheid. Manche Poly-Liebesformen bestehen aus einer Hauptbeziehung und einer oder mehrerer Nebenbeziehungen. Andere polyamor Lebende verzichten ganz bewusst auf derartige "Liebes-Hierarchien". In einer Poly-Konstellation kann eine Person mit mehreren Menschen in Beziehung sein, die sich untereinander ansonsten keine romantischen Gefühle entgegenbringen. Oder aber es leben drei bzw. mehrere Menschen gemeinsam miteinander in einer Liebesbeziehung. Die Polyamorie versteht sich als auf Langfristigkeit angelegte Liebes- und Beziehungsform und distanziert sich häufig bewusst von rein sexueller Offenheit, wie sie beispielsweise beim Swingen der Fall ist. 

Kinky

Als "kinky" werden sowohl sexuelle Praktiken als auch eine gewisse Form von Lifestyle bezeichnet, die gemeinhin als unkonventionell und außerhalb der bekannten oder traditionellen Normen wahrgenommen werden. Was also damit "kinky" ist, ist wiederum eine höchst subjektive Sache. Menschen können sich selbst, ihre Beziehung, ihre Lebenseinstellung oder eine sexuelle Praktik als "kinky" bezeichnen. Besondern häufig wird der Begriff "Kink" mit BDSM und Fetisch in Zusammenhang gebracht. Er wird aber genauso für unzählige andere Lebens-, Liebes- und Sexualitätsformen verwendet, die aus einem klassisch-traditionellen Rahmen fallen. Als Gegensatz-Begriffspaar liest man oft "kinky vs. vanilla". "Vanilla" bezieht sich auf die Eissorte Vanille, die, so die Definition, den meisten Menschen schmeckt. Es stellt damit eine Art traditionelles Gegenbild zum "Kink" dar. Für den deutschen Sprachgebrauch ließe sich "Vanilla" im Bereich der Sexualität am ehesten mit "Blümchensex" übersetzen. 


Unterstützung in Beziehung(en) gesucht?

Ganz unabhängig davon, ob Sie monogam zu zweit in einer Partnerschaft oder zu viert in einer offenen polyamoren Beziehung leben: Liebesbeziehungen bringen immer auch Herausforderungen mit sich – egal in welcher Konstellation sie gelebt werden. Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein klärendes Gespräch mit professioneller Unterstützung oder ein psychologisch begleiteter Prozess für Sie und Ihre Beziehungskonstellation hilfreich sein kann, wenden Sie sich gerne an mich. Ich biete "Paar"-Beratungen für bis zu vier Personen innerhalb einer gemeinsamen oder sich begegnenden Beziehungskonstellation gleichzeitig an.

Fotocredits: Sinitta Leunen, Renate Vanaga, Shingi Rice,  Priscilla Du Preez, Toa Heftiba/alle via Unsplash und Jennifer Vass